Denkt man das christliche Konzept des ewigen Lebens zu Ende, kommt man schnell an Grenzen: Der Körper verfault ja trotzdem, und was sind wir – sozialisiert in einer kapitalistischen Welt – ohne unseren Körper? In Nancy Hüngers Text zu diesem Abend ist klar: Befriedigendes ewiges Leben hat in dieser Gesellschaft nur Sinn mit einer ewig lebendigen Physis. Die Medizin verspricht, das Altern zu verlangsamen, aber kann sie es auch beenden? In ihrem Werk entwirft die irische Komponistin und Sängerin Emma O’Halloran die Utopie – oder Dystopie? – einer niemals endenden Leibhaftigkeit – bis dass die Sonne alles zerstört.
Kate Moores „The Body is an Ear”, ursprünglich für Solo-Orgel, O’Hallorans „Vertical Fields“ und ein Choral Hildegard von Bingens kontextualisiert und erdet das Zusammenspiel aus Haydns Grave-Satz des Oratoriums und der Uraufführung. „Der Körper aus Erde wurde zu einem Zufluchtsort für die Seele“, schreibt Kate Moore 2012 treffenderweise über ihr Werk, „sodass sie das Gefühl erleben konnte, die Harmonie des Universums zu hören.“
Mit:
ensemble reflektor (Leitung: Holly Hyun Choe)
William Overcash (Violine), Jakob Nierenz (Violoncello), Josefa Schmidt (Klavier)
Nancy Hünger (Autorin), Dieter Ripberger (Intendant ITZ Tübingen, Moderation) und Joosten Ellée (Künstlerischer Leiter)
Hildegard von Bingen (1098-1179): Choral
Joseph Haydn (1732-1809): Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze, Sonata II: Grave e cantabile (Amen dico tibi: hodie mecum eris in paradiso)
Emma O’Halloran (*1985): “Niemand wird sprechen. Niemand wird sagen: Sie waren gestern noch im Paradies. Wahrlich. Leibhaftig. Sie waren. Amen.” (Uraufführung)
Kate Moore (*1979): The Body is an Ear (aus Dances and Canons)
Emma O’Halloran: Vertical Fields
Lesung: Nancy Hünger
Gespräch mit Nancy Hünger, Joosten Ellée und Dieter Ripberger
u.a.
Kombipreis mit LICHTSCHIMMERN €25/ erm.10
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