PODIUM ESSLINGEN
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Festivalprogramm 2022 veröffentlicht!

Ein Text von PODIUM Team

Von politisch aktuellen Themen wie Kolonialismus, Klimakrise und Korruption über Heldinnen zu den existentiellen Fragen menschlichen Lebens – der thematische Bogen beim 14. PODIUM Festival Esslingen vom 28.04. bis 07.05.2022 ist weit gespannt. Das erste Programm des neuen künstlerischen Leiters Joosten Ellée verdeutlicht drei Schwerpunkte, die PODIUM in den nächsten Jahren prägen werden: Diversität, politische Verantwortung und Partizipation. Versinnbildlicht werden sie im neuen Leitmotiv: „Laut die Zukunft träumen.“ „Wir wollen mit unseren Konzerten Geschichten erzählen, die Menschen bewegen und sie generationsübergreifend zum Dialog anregen“, sagt Joosten Ellée.

Zu den Highlights des Festivals gehört in diesem Jahr die Premiere der PODIUM-Produktion „River / 江 / Fluss“, eine Performance der Tänzerin Tian Gao. Gao, die beim Ensemble Sasha Waltz & Guests tanzt, ist in Wuhan, der Stadt der Flüsse, geboren und lebt in Berlin. Ihre Arbeit setzt sich mit der Bedeutung von Flüssen, Erinnerungen und Identitäten auseinander. Musikalisch wird die Inszenierung von einer deutschen Erstaufführung des Stücks „Narrow Sea” der Pulitzer-Preisträgerin Caroline Shaw begleitet, ein Werk für Klavier, vier Schlagzeuger:innen und eine Sängerin. Musikalische Höhepunkte sind auch die eindrucksvolle Globalisierungs-Suite „Fuel“ von Julia Wolfe und die kammermusikalische Fassung von Bruckners erhabener 7. Sinfonie, die eingekreist und zersetzt wird von ritueller Musik Hildegard von Bingens und der französischen Resistancekämpferin Elsa Barraine. Den Auftakt macht die immersive Inszenierung „EWIGKEIT!“ in der Stadtkirche St. Dionys mit großen Ensemble um den PODIUM-Kooperationspartner ensemble reflektor und die FILUM Musikschule Filderstadt und Musik von Maddalena Casulana bis inti figgis-vizueta. Den Abschluss der zehn Konzerttage wiederum bildet am Samstag, dem 7. Mai ein Fest. „Die Supergroup“ stellt Stücke zwischen den Polen Pop und Klassik vor: Neben Musik der zwischen den Genres agierenden Künstlerin Maria Schneider aka Mascha Juno in außergewöhnlichen Arrangements für das PODIUM-Ensemble tritt u.a. eine Uraufführung des Komponisten Max Andrzejewski.

Keyvisual PODIUM Festival 2022

In den unterschiedlichen Konzertkonzepten vom Maskenball im Alten Rathaus bis zur Kammermusik im Eisenlager stets erkennbar sind die Grundsätze, die PODIUM in den kommenden Jahren als Schwerpunkte setzen wird. Dass Frauen unter den Komponist:innen die Mehrheit stellen und ihr Anteil damit deutlich über dem Durchschnitt vergleichbarer Institutionen liegt, ist im Hinblick auf Geschlechtergerechtigkeit und Diversität eine Selbstverständlichkeit. PODIUM setzt nicht auf eine Quote, sondern auf Aufmerksamkeit für Geschichte und Gegenwart, die einen unerschöpflich erscheinenden Pool herausragender nicht-männlicher, nicht-weißer Komponist:innen zum Vorschein bringt, deren Werk erschlossen werden kann. „Wir spielen die Werke von Frauen nicht, weil sie von Frauen stammen, sondern weil es einfach gute Musik ist. Es ist ein großer Skandal, dass es nach wie vor so wenig Werke von Frauen auf die aktuellen Spielpläne schaffen“, kommentiert Joosten Ellée.

Die Frage, welche politische Verantwortung eine Institution wie PODIUM trägt, ist eine, die im Prozess beantwortet wird. Dass Musik nicht losgelöst von den gesellschaftlichen Kontexten zu verstehen ist, beeinflusst auch das Programm des Festivals. Wenn Musik nicht unpolitisch sein kann, gilt es, mit dieser besonderen Verantwortung sensibel umzugehen. Formate von PODIUM beschäftigen sich in diesem Jahr künstlerisch etwa mit Klimawandel und Globalisierung, mit dem Umgang mit politisch kontaminierten Ästhetiken oder mit Restitution der aus Kolonien ausgeführten Kulturgütern. Kann Musik die Welt verändern? Sollte sie, will sie?

Zuletzt will PODIUM näher an die Stadt rücken. Partizipation bedeutet auch, die musikalischen Akteur:innen der Region auf die Bühne zu bringen, um Konzerte gleichberechtigt mit den professionellen Musiker:innen zu gestalten. So spielt etwa die Kantorei der Esslinger Stadtkirche beim Konzert „Das Lied der Nacht“, die FILUM Musikschule aus dem benachbarten Filderstadt ergänzt das ensemble reflektor beim Eröffnungskonzert. Das neue Format der Salons bringt kurze Konzerte in intimen Settings, bei denen Zuschauer:innen und Musiker:innen ins Gespräch kommen. Und das Werkstattkonzert „#bechange“ des STEGREIF.orchesters wird maßgeblich von den Teilnehmenden eines Workshops beeinflusst, der während des Festivals mit Jugendlichen aus der Stadt im Jugend- und Kulturzentrum KOMMA abgehalten wird. “Wir haben alle große Lust, PODIUM zu einer Erfolgsgeschichte zu machen, auf die alle Esslinger:innen stolz sind. Deshalb wollen wir verstärkt Formate gestalten, bei denen Esslinger:innen aller Altersstufen aktiv beteiligt sein können“, sagt die neue Geschäftsführerin von PODIUM, Selma Brauns.

Sowohl das STEGREIF.orchester als auch das ensemble reflektor verweisen auf die wachsende Bedeutung von Kooperationen im modernen Musikbetrieb: Miteinander wachsen statt Konkurrenz. So ist das „#bechange“-Konzert, das in Esslingen entsteht, im Rahmen einer Kooperation mit den Ludwigsburger Schlossfestspielen für eine Premiere im Mai in Ludwigsburg vorgesehen. Das Lüneburger ensemble reflektor und das PODIUM gingen eine besondere Partnerschaft ein, die auch in den personellen Überschneidungen mit dem neuen Führungsduo bei PODIUM begründet liegt: In diesem Jahr eröffnet es als Großensemble dem Festival einen neuen Klang. Es lässt so das Motto „Laut die Zukunft träumen“ auch künstlerisch in Erfüllung gehen.

Foto: Sky Buerhaus