Kammermusikalisches Format zu 1933
In erschreckender Art und Weise erinnern gegenwärtige politische Vorgänge an die Zeit vor 1933. Im Eröffnungskonzert wird ein Bogen zur Musik dieser Zeit geschlagen, die die gesellschaftlichen Katastrophen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vorausahnt. Das Ende mehrerer Epochen tonaler Musik sorgte für eine der wohl zerrissensten Klangsprachen der Musikgeschichte, die heutzutage aktueller denn je erscheint. Ein Vorreiter dieser neuen Klangästhetik war Arnold Schoenberg, der mit seinem „Streichquartett Nr. 2” damalige Denkmuster radikal durchbricht und als einer der Ersten an die Schwelle zum zwölftönigen Serialismus der Nachkriegszeit tritt. Mit den beiden Sätzen „Litanei” und „Entrückung”, in denen er Gedichte von Stefan George vertont, gibt er dem Werk ein vokales Finale, was es zuvor noch nie in einem Streichquartett gegeben hatte. Ruth Crawford Seegers „String Quartet 1931” wird durch seine neuen kompositionstechnischen Ansätze zu einem Meilenstein serieller Komposition und ihr bekanntestes Stück. Ein Triumph des Widerstandes gegen ihren Kompositionslehrer und späteren Ehemann Charles Seeger, der ihr strikt von der Komposition eines Streichquartetts abrät, um “die Entwicklung romantischer Tendenzen zu verhindern”. Und so ist auch ein jedes bekanntes Stück von Fanny Hensel letztendlich nicht nur die Komposition einer fortschrittlichen Frau, sondern bereits der Akt des Komponierens eine Auflehnung gegen die restriktiven Rollenbilder ihrer Zeit. Mit einer ganz anderen Zeit ist die schwarze Komponistin Errollyn Wallen konfrontiert. Mit ihrem Werk mit dem vielsagenden Titel „Are You Worried About the Rising Cost of Funerals?” lehnt sie sich gegen eine Gesellschaft auf, in der in einer Trauerzeit an die Stelle von Trost finanzielle Transaktionen und Sorgen treten. Kann diese Musik in all ihrer Zerrissenheit doch die Wunden schließen, Augen öffnen und Heilung stiften?
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